Awareness-Konzept

Inhalt
  1. Awareness heißt, ...
  2. Wofür das Awareness-Konzept?
  3. Grundsätzlicher Umgang miteinander
  4. Vorkehrungen beim BuKo
  5. Glossar
  6. Quellen

 

AWARENESS heißt, ...

... sich bewusst sein, sich informieren, für gewisse Problematiken sensibilisiert sein.

 

Wofür das Awareness-Konzept?

 

Grundsätzlicher Umgang miteinander


Achtsamkeit und Selbstfürsorge:

Wir möchten auf der BuKo einen respektvollen und achtsamen Umgang miteinander leben. Daher ist es wichtig, dass alle dafür Verantwortung übernehmen und sowohl auf die eigenen als auch die Grenzen und Bedürfnisse der anderen achten. Bitte hört euch gegenseitig respektvoll zu und lasst euch ausreden, auch wenn die Meinungen mal unterschiedlich sind. 

Der Kongress hat ein volles Programm und nicht allzu lange Pausen. Bitte achtet auf euch selbst, nehmt euch zusätzliche Pausen, wenn ihr sie braucht, und zieht euch gegebenenfalls zurück, wenn ihr Ruhe braucht. Dafür steht der Awareness-Raum im EG sowie der Ruhe-Raum im 4. OG zur Verfügung. Außerdem könnt ihr euch während der Kongresszeiten Unterstützung beim Awareness-Team (+4915754854430) holen.


Awareness-Team und Transformative Gerechtigkeit: 

Das Awareness-Team sind immer zwei Freiwillige, die mit gelben Fahrradwesten sichtbar und ansprechbar sind. Bei diesen findet ihr offene Ohren, aber auch Snacks, Tampons, Slipeinlagen, Sonnencreme, Tee und anderes. Das Team versucht transformative Gerechtigkeit umzusetzen. Das heißt, dass Menschen, die von schädigendem Verhalten betroffen sind, und Menschen, die eine schädigende Handlung durchgeführt haben, als solche angesprochen werden, und dass versucht wird, die Räume und das System des BuKo und der Psy4Future so zu transformieren, dass ein schädigende Handlung weniger wahrscheinlich wird und dass die betroffene Person in ihren Bedürfnissen gesehen und geschützt wird. Das heißt auch, dass wir nach dem Konzept der Definitionsmacht arbeiten, welches die Grundlage einer (feministisch-)betroffenen zentrierten Haltung ist. Definitionsmacht bedeutet, dass die Betroffene von Handlungen diese als gewaltsam definieren darf.


Sensible Anrede:

Bitte benutzt nur dann eine geschlechtsbezogene Anrede, wenn ihr euch sicher seid, wie euer Gegenüber angesprochen werden will. Respektiert die Selbstbezeichnung anderer. Die Pronomen werden größtenteils auf den Namensschildern abgedruckt sein.


Auf Sprache und Formulierungen achten:

Bitte achtet auf eine rassismuskritische und diskriminierungssensible Sprache.


Privilegien:

Unsere heutige Welt und alle gesellschaftlichen Bereiche sind maßgeblich von ungleichen Machtverhältnissen geprägt. Diese wirken ständig und überall auf institutioneller (z.B. Gesetze, Arbeitsmarkt), zwischenmenschlicher (z.B. Ausgrenzung, sexuelle Belästigung) und ideologischer Ebene (z.B. Normen, Werte, Kultur). Sie führen zur Bevorteilung (Privilegierung) und Benachteiligungen (Diskriminierung) von Menschen. Es gibt Menschen, die durch ihre besonderen Privilegien (z.B. weiß/männlich/heterosexuell/reich) in einer machtvolleren Position gegenüber weniger privilegierten Menschen stehen. Zwar bedeutet, Privilegien zu haben nicht unbedingt, ein diskriminierendes Verhalten  aktiv auszuüben. Sie können jedoch dazu beitragen, andere Menschen zu benachteiligen. Oftmals sind uns unsere Privilegien nicht einmal bewusst, was einen diskriminierungssensiblen Umgang miteinander erschwert. Daher laden wir euch ein, über eure Privilegien zu reflektieren.


Was passiert bei grenzüberschreitendem Verhalten?

Hat eine Person Gewalt, Übergriff(e) und/oder Diskriminierung erlebt, gilt die Sichtweise und die Bedürfnisse der betroffenen Person, d.h. sie schildert, wie sie das Erlebte wahrgenommen hat und daran orientieren wir uns als Awareness-Team (siehe Konzept Definitionsmacht). Du als betroffene Person entscheidest, welche Form der Unterstützung du dir wünschst. Gemeinsam werden wir nach Umgangs– und Handlungsmöglichkeiten suchen. Manche Erlebnisse schlagen sich so stark nieder, dass die überwältigende Erfahrung zu einer Ohnmacht führt.

Frag im Zweifel, ob eine Situation, die du beobachtest, für die betroffene Person gerade in Ordnung ist. Bereits das Gefühl, nicht allein zu sein, kann manchmal schon ausreichen, um die eigene Kraft wiederzufinden. Sei dir bewusst, dass andere Personen Grenzverletzungen und Diskriminierungen wahrnehmen können, auch wenn du sie nicht siehst!

Awarenessarbeit ist ein Drahtseilakt. Lasst euch nicht auf stundenlange abstrakte Debatten über feministische Prinzipien, Herrschaftsverhältnisse, Diskriminierung, Grenzen von Humor, o.Ä. ein – dies ist nicht der Ort dafür. Für möglichen weiteren Klärungsbedarf im Nachhinein sollte eine Kontaktmöglichkeit zum Awareness-Team geschaffen werden. Weder ihr noch die betroffene Person müssen sich rechtfertigen. Versucht trotzdem transparent mit der Situation umzugehen und Entscheidungen nachvollziehbar zu machen. Sprecht mit der betroffenen Person ab, was sie teilen möchte, z.B. geht es die übergriffige Person, die schädigendes Verhalten gezeigt hat, in der Regel nichts an, wie die betroffene Person heißt oder wo sie gerade ist. Oberstes Prinzip bleibt weiterhin, dass sich die betroffene Person nach „Klärung“ der Situation nicht gegen ihren Willen zurückziehen muss (Selbstermächtigung).

 

Vorkehrungen beim BuKo:


 

Glossar:

Hier findet ihr das sehr viel ausführlichere Glossar des Informations- und Dokumentationszentrums für Antirassismusarbeit e.V.

 

Dies ist eine Auswahl, die aus verschiedenen von (queer)feministischen und anitrassistischen Gruppen erstellten Glossaren stammt (Quellen siehe unten):

 

Ableismus

Der Begriff (engl. ableism) bezeichnet die strukturelle Diskriminierung von Menschen mit (zugeschriebener) Behinderung bzw. von Menschen, die behindert werden. Es wird eine deutliche Grenze zwischen Menschen mit und Menschen ohne Behinderung gezogen (Othering), die u. a. in Form von Produktivitäts-, Schönheits- und Gesundheitsnormen tief in der Gesellschaft verankert ist. Von den Diskriminierenden wird Ableismus oft nicht bewusst wahrgenommen oder als „gut gemeint“ angesehen. Dies kann sich z. B. in bevormundender Hilfe niederschlagen. Eine Behinderung, durch die Menschen mit Behinderung an der Entfaltung ihrer persönlichen Möglichkeiten be- bzw. gehindert werden, entsteht aber oft erst durch die Diskriminierung selbst, einerseits indem Eigenschaften und Bedürfnisse der Betroffenen durch Institutionen nicht mitgedacht werden, weil sie nicht unter das fallen, was gesellschaftlich als „normal“ definiert wird; andererseits weil ihnen notwendige Hilfen zur Kompensation ihrer physischen, psychischen oder gesundheitlichen Beeinträchtigung verwehrt oder nur in fremdbestimmter Form gewährt werden. Beispiele sind Barrieren wie Treppen statt Rampen für Rollstuhlfahrer:innen, fehlende akustische Ansagen für seheingeschränkte Menschen oder die mangelnde Inklusion im Bildungssystem. Auf diese Weise werden Menschen, die behindert werden, strukturell ausgeschlossen und „unsichtbar“ gemacht. Dies stabilisiert wiederum die gesellschaftlichen Vorstellungen von „normalen“ körperlichen, seelischen und gesundheitlichen Merkmalen.

 

Antisemitismus

Antisemitismus basiert auf einer doppelten Unterscheidung. Die Wir-Gruppe wird zunächst als „Volk“, „Staat“, „Nation“, „Rasse“, „Identität“, „Kultur“ oder Religion von anderen „Völkern“, „Staaten“ usw. unterschieden. Diese Einheiten werden in einer antisemitischen Logik immer als wesenhafte, einheitliche und harmonische Gemeinschaften verstanden. „Die Juden“ werden ihnen dann als Gegenprinzip gegenübergestellt. Durch eine entsprechende Stereotypisierung werden „die Juden“ für alle verunsichernden und als negativ empfundenen Umstände politischer, ökonomischer und kultureller Modernisierungsprozesse verantwortlich gemacht und werden ihnen die Bedrohung und „Zersetzung“ jener als ursprünglich imaginierten Gemeinschaft(en) zugeschrieben. Daraus ergeben sich der Glaube an eine in Gut und Böse eingeteilte Welt, an das Wirken verborgener Mächte und Verschwörungen als weitere Grundelemente des Antisemitismus. Da „die Juden“ in dieser Logik die personifizierte Bedrohung darstellen, sind dem Antisemitismus außerdem die Umkehr von Opfern und Täter:innen und die Diskriminierung – bis zur Vernichtung – von Menschen, die als „Juden“ markiert werden, – auf interaktionaler, institutioneller und gesellschaftlich kultureller Ebene – eingeschrieben. Antisemitische Stereotype rechtfertigen diese Diskriminierungen. Als wichtige Formen von Antisemitismus werden in verschiedenen Typisierungen unterschieden: christlicher, rassistischer, sekundärer, israelbezogener und NS-vergleichender Antisemitismus bzw. antizionistischer und islamistischer/islamisierter Antisemitismus. 


Cissexismus

Cisseximus ist ein anderer Begriff für Transfeindlichkeit, also gegen transidente, transgender und transsexuelle (zusammengefasst auch: trans*) Personen gerichtete Vorurteile, Ekel, Aggressionen oder Angst vor ihnen, ihren Lebensweisen und dem Ausdruck ihrer Geschlechtsidentitäten sowie die damit einhergehende gesellschaftliche Diskriminierung. Sprachlich hebt er die Gruppe, von der diese Diskriminierungsform ausgeht – nämlich cisgeschlechtliche Menschen – stärker hervor als die Gruppe der davon betroffenen trans* Menschen. Er rückt also die Perspektive hin zur Dominanzsgesellschaft derer, die sich mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt aufgrund ihrer Genitalien zugewiesen wurde. Sie entsprechen damit der Cis-Norm, also der Annahme, dass mit dem zugewiesenen Geschlecht „männlich“ oder „weiblich“ automatisch eine entsprechende Geschlechtsidentität und ein entsprechender Geschlechtsausdruck einhergeht. „Cis“ bildet somit das Gegenstück zu „trans“ und allen weiteren Identifikationen, die Menschen jenseits des Zwei-Geschlechter-Modells verorten, z. B. nicht-binär oder genderfluid.


Inter*, Intergeschlechtlichkeit, (veraltet: Intersexualitä)t: 

Inter* Menschen sind Menschen, deren körperliches Geschlecht (beispielsweise die Genitalien oder die Chromosomen) nicht der medizinischen Norm von ‚eindeutig‘ männlichen oder weiblichen Körpern zugeordnet werden kann, sondern sich in einem Spektrum dazwischen bewegen. Bis heute werden inter* Kinder nach der Diagnose zu einem „eindeutigen“ Geschlecht umoperiert mit teilweise erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen und psychischen Problemen.


Intersektionalität

Der Begriff Intersektionalität beschreibt die Analyse der Interdependenz (gegenseitigen Bedingtheit) und des Zusammenwirkens verschiedener Kategorien von Differenzen mit Dimensionen sozialer Ungleichheit und Ausgrenzung. Um ein umfassendes Verständnis von Diskriminierung zu erhalten, dürfen deren einzelne Formen (etwa Rassismus, Sexismus oder Heterosexismus) nicht unabhängig voneinander betrachtet werden. Ein homosexueller Muslim, der migriert ist und Wirtschaftswissenschaften studiert, könnte bspw. aufgrund seiner sexuellen Identität und/oder seiner Religion und / oder seiner „ethnischen“ Herkunft von Diskriminierung betroffen sein. Gleichzeitig stehen ihm aufgrund seiner Genderzugehörigkeit und seines Bildungshintergrundes verschiedene Ressourcen zur Verfügung, die ihn in diesen Aspekten privilegieren. Intersektionalität meint also nicht lediglich Mehrfachdiskriminierung, sondern die Tatsache, dass die Interdependenz von Differenzlinien und ihre gesellschaftlichen Folgen zu ganz spezifischen Formen der Diskriminierung führen.


Kulturalisierung

Unter Kulturalisierung wird die Praxis verstanden, Kultur als wesentliche, zentrale und determinierende Erklärung für (individuelle) Handlungen, Einstellungen, Verhaltensweisen, Konflikte oder Ausdrucksweisen zu verstehen. Häufig wird dabei der Kulturbegriff ethnisiert und Menschen werden beispielsweise auf ihre – angebliche – „türkische Kultur“ festgeschrieben. Dadurch werden sie in ihrer Vielfältigkeit und Komplexität nicht wahrgenommen, sondern ausschließlich auf eine (vermeintliche oder tatsächliche) kulturelle Zugehörigkeit reduziert. Dass es sich hierbei häufig um Fremdzuschreibungen und nicht um die eigene subjektive Identifikation handelt, gerät bei kulturalisierenden Interpretationen der Wirklichkeit häufig aus dem Blick. Durch Kulturalisierungen werden die Dichotomisierung (Zweiteilung) der Gesellschaft in Zugehörige („Wir“) und Nicht-Zugehörige („die Anderen“) verstärkt (Othering) und Stereotype und Zuschreibungen reproduziert. (aus dem Glossar des IDA e.V.)


BIPoC*

BIPoC* steht für Black, Indigenous, People of Color und ist eine analytische und politische Selbstbezeichnung. Der Asterisk * verweist nicht ausschließlich auf die Geschlechtervielfalt von BIPoC*, sondern auch auf jene Menschen mit Rassismuserfahrungen, die sich nicht mit den im Akronym enthaltenen Begriffen identifizieren. Der Begriff gibt Menschen mit Rassismuserfahrungen eine Community und Raum für Aktivismus, Schutz und Empowerment. Gleichzeitig macht er die Vielfältigkeit von Rassismuserfahrungen unterschiedlicher Menschen sichtbar und ermöglicht solidarische Bündnisse über die Grenzen marginalisierter Communitys hinweg.


Rassismus

Rassismus ist eine Ideologie der Unterdrückung und wurde im Zuge des Kolonialismus und des Versklavungshandels hervorgebracht. Rassismus  unterstellt eine „Rangordnung“ von Menschen, die sich auf vermeintlich  biologische und/oder kulturelle „Kriterien“ bezieht. Rassistische  Argumentationen dienen dazu, weltweite Macht- und Herrschaftsverhältnisse abzusichern und zu rechtfertigen. Rassismus hat  verschiedene Formen. Er wirkt strukturell, institutionell und  alltäglich, wird aber häufig verleugnet. Rassismus verhindert die gleichberechtigte Teilhabe von People of Color an gesellschaftlichen,  sozialen und politischen Belangen.

Eine Form des Rassismus ist der institutionelle Rassismus, der staatlichem und nicht-staatlichem institutionellem Handeln/Nichthandeln innewohnt (fehlendes Wahlrecht oder fehlende Repräsentation, Diskriminierung beim Zugang zu Bildung, Arbeit oder dem Wohnungsmarkt, rassistische Polizeikontrollen etc.).


Schwarz und Schwarzsein

Schwarz ist eine Selbstbezeichnung und wird groß geschrieben. Der Begriff markiert eine von Rassismus betroffene gesellschaftliche Position. Er ist ein Ergebnis der Kämpfe der Schwarzen deutschen  Frauen(-bewegung). Damit wurde der Grundstein für eigenständige Schwarze  Räume und die Selbstorganisation Schwarzer Communitys in Deutschland gelegt. Ein im Zuge dessen entstandenes Selbstverständnis drückt sich heute in einem umfangreichen politischen, kulturellen und wissenschaftlichen Schaffen aus. Die Selbstbezeichnung ist ebenfalls ein entscheidender Schritt für Prozesse der individuellen und gesellschaftlichen Dekolonisierung.


Sexismus

Sexismus bezeichnet verschiedene Formen der Diskriminierung von Menschen aufgrund ihres zugeschriebenen Geschlechts sowie die diesem Phänomen zugrundeliegende Geschlechterrollen festschreibende und hierarchisierende Ideologie.


trans*

Trans* steht für die Vielfalt von trans* Menschen und meint ein breites Spektrum von Selbstdefinitionen und Lebensweisen von Menschen, die sich nicht oder nur zum Teil mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei Geburt zugewiesen wurde, z. B. transgender, nicht binär, agender und viele andere. Trans* Personen haben (auch in Deutschland) immer noch mit einer Vielzahl struktureller Diskriminierungen und Gewalt zu kämpfen.


weiß und weißsein

Der Begriff „weiß“ bezeichnet keine biologischen Eigenschaften, sondern die speziellen Machterfahrungen von Menschen und Gruppen, die sich  dieser Macht oft nicht bewusst sind. Er wird klein und in kursiv geschrieben.

Weißsein ist innerhalb des gesellschaftlichen Machtverhältnisses Rassismus eng an soziale, politische und kulturelle Privilegien geknüpft. Im Hinblick auf die Partizipation an gesellschaftlichen Ressourcen profitieren Menschen, die nicht von Rassismus oder Antisemitismus betroffen sind – und zwar unabhängig davon, wie sie persönlich zu diesen Ideologien stehen.


Quellen: