Das waren die Trends auf der Smart Country Convention
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Staat, Kommunen und Behörden gelten leider immer noch als Inbegriff von digitaler Rückständigkeit. Im schnelllebigen digitalen Zeitalter scheinen die Mühlen der Bürokratie noch langsamer zu mahlen als ohnehin schon, und während Bürger*innen ihre Bankgeschäfte inzwischen bequem per App regeln können, müssen sie für viele Dinge immer noch persönlich zu Behörden gehen. Hier ist bereits viel in Bewegung. Immer mehr, vor allem auch kleinere Kommunen sehen die Notwendigkeit von digitalen Angeboten für ihre Bürger*innen, zum Beispiel in Form digitaler Messung von Infrastruktur wie Verkehrsaufkommen oder der Messung von Umweltfaktoren wie Trockenheit und fluktuierenden Wasserständen.
Vom 15. bis 17. Oktober fand in Berlin die Smart Country Convention statt, “das führende Event für den digitalen Staat und öffentliche Dienste”. Große Unternehmen, Dienstleister*innen, Vertreter*innen von Kommunen und Behörden, Entwickler*innen und Interessierte trafen aufeinander, um sich über die aktuellen Entwicklungen der Digitalisierung zu informieren und über Digitalisierungstrends auszutauschen.
Wir waren ebenfalls vor Ort, und während die Standcrew sich um Bestandskund*innen kümmerte, Fragen beantwortete und neue Partner*innen über die diversen Ticketing-Möglichkeiten mit pretix beriet, ließen wir unseren Marketing-Neuzugang, Mari, auf die Digitalisierungs-Messe los. Sie hörte sich an Messeständen, in Vorträgen und Gesprächen um, welche digitalen Trends gerade die Kommunen und Entwickler beschäftigen.
Deutlichster Trend: Künstliche Intelligenz
Wenig verwunderlich war die starke Präsenz von Künstlicher Intelligenz, kurz KI, überall auf der Messe. Ob modernes Whiteboard, Mobilitätsanalysen für Kommunen oder eine digitale Assistentin für das Ausfüllen von Steuerformularen, KI ist inzwischen in unzähligen Bereichen vertreten und entwickelt sich kontinuierlich weiter. Die Bandbreite von Einsatzmöglichkeiten ist enorm. Der Trend ist eindeutig: KI wird sich in den nächsten Jahren weiter verbreiten und, vermutlich in unterschiedlichen Ausmaßen, in weitere staatliche Bereiche wie Justiz und Arbeitsvermittlung vordringen.
Was auf der Messe allerdings deutlich wurde, ist der Umfang des Unwissens, was KI genau ist. Teilweise wurden die Begriffe Algorithmus, Machine Learning und Künstliche Intelligenz synonym verwendet, obwohl es sich um unterschiedliche Konzepte handelt.
Interessant war auch, wie groß das Spektrum der kritischen Auseinandersetzung mit Künstlicher Intelligenz ist. Von grenzenloser Begeisterung, welche Spielereien und Entwicklungen mit KI möglich sind und in welchen Bereichen sie einsetzbar ist, bis hin zu kritischen Tönen, was KI unter anderem für die gesellschaftliche Ordnung und Verschärfung von Ungleichheit bedeuten kann, konnten Besuchende an den Ständen und in den Gängen alles hören.
Auch den pretix Support erreichen immer wieder Fragen zum Thema KI. Wir beobachten das Thema natürlich auch und wägen mögliche Einsatzmöglichkeiten ab, aber wir sind auch kein Fan vom KI-Einsatz um des Einsatzes willen, wenn weder Mehrwert noch Notwendigkeit gegeben sind.
Grüner Trend: Nachhaltigkeit und Klimaschutz in der Digitalisierung
4% der weltweiten Emissionen gehen derzeit auf die Digitalisierung zurück , doppelt so viel wie der globale Flugverkehr verursacht. Die Herstellung von mobilen Endgeräten zählen genauso mit dazu wie die Programmierung, Bereitstellung und Nutzung von Clouds, Streaming und Social Media, Smart Watches und Online Gaming. Da der gesellschaftliche Fokus in Hinblick auf Emissionen vor allem auf Verkehr, Nahrungsmittelversorgung und Handel liegt, wird die digitale Welt oft vergessen – zumal für viele Internet, Clouds und Daten eher diffus im Raum schweben und nicht als physische Einheiten verstanden werden, die Energie benötigen. Bei einer doppelt so hohen Bilanz wie die des Flugverkehrs, dem Negativ-Beispiel für Klimaschäden, muss sich das dringend ändern, nicht nur bei den Endverbraucher*innen, sondern auch schon dort, wo Digitalisierung entsteht.
Mit positiven Beispiel ging das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft voran. Auf Nachfrage, ob die Whitepaper, die man per QR Code downloaden konnte, auch klassisch auf Papier verfügbar seien, wurde dies verneint – „Aus Nachhaltigkeitsgründen haben wir auf die Papierform verzichtet.“
Auch pretix setzt in der Praxis bereits Beispiele für nachhaltige Lösungen um 1. Mal abgesehen davon, dass ein komplett digitales Ticketing-System die Alternative zu gedruckten Tickets und deren Versand ist, hosten wir mit Ökostrom und achten auf nachhaltige Möglichkeiten wie BluestFinest und BPA-Freie Etiketten.
Auf der SCC wurde nicht nur Aufmerksamkeit für das Thema Nachhaltigkeit geschaffen, Unternehmen stellten auch ihre bereits vorhandenen klimafreundlichen Dienstleistungen sowie Software- und Hardware-Angebote vor. Das Bewusstsein für die Notwendigkeit von klimaschonenden Angeboten ist in der Digitalisierungsbranche bereits vorhanden, jetzt muss es nur noch (weiter) umgesetzt werden.
Neben den beiden deutlich vorherrschenden Trends von KI und Nachhaltigkeit gab es im Zusammenhang mit Smarten Kommunen und der Digitalisierung des Staates noch weitere Themen, die diskutiert wurden. Zwei der vorherrschendsten darunter waren City Apps und Barrierefreiheit, die mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz 2025 eine neue Priorität erfährt.
Appifizierung der Kommunen
Apps als integraler Bestandteil des Alltags werden auch für Kommunen immer interessanter. Großstädte wie Hamburg, Aarhus oder Wien betreiben bereits Apps, in denen Einwohner*innen und Tourist*innen Angebote wie Veranstaltungen, Gastronomie, ÖPNV und andere Möglichkeiten, die Stadt zu erleben, planen und nutzen können. Der große Vorteil gerade für die Anwender*innen ist, alles auf einen Blick zu haben: Planung des nächsten Kino-Besuchs, Überblick über die Verkehrssituation, ÖPNV, Angebote in der Nähe, Behördenbesuche…
Wie sich eine City App genau gestaltet, wenn diverse Drittanbieter wie Kino-Betreiber oder bundesweit agierende Stromversorger involviert sind, wird sich zeigen müssen, da hier Schnittstellen zur Privatwirtschaft nötig sind. Themen wie Datenschutz und Barrierefreiheit müssen auch hier bedacht werden, was die Relevanz derer noch weiter unterstreicht.
Barrierefreiheit in allen Lebenslagen
Das wohl am meisten diskutierte Thema neben KI an Ständen und den Vorträgen war Barrierefreiheit im Zusammenhang mit Smart Country und Kommunen. Nicht nur, dass 2025 das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) bindend wird, das für Dienstleistungen im digitalen Bereich eindeutige Richtlinien in Bezug auf Barrierefreiheit festlegt, auch für staatliche Angebote und Vorgänge gibt es bereits Vorgaben hinsichtlich digitaler Barrierefreiheit, die umgesetzt werden müssen. 2025 treten übrigens weitere Gesetzgebungen in Kraft, die für Veranstaltende relevant sind. Neben dem BFSG startet die Umstellung auf E-Rechnungen, im Kassenwesen wird die Anmeldung von Kassensystemen verpflichtend und die Kassenbelegpflicht erfährt eine Verschärfung und ist bei Versäumung nun bußgeldfähig. Einen ausführlicheren Überblick dazu haben wir in unserem Artikel über die neuen gesetzlichen Anforderungen veröffentlicht.
Das Thema Barrierefreiheit zog sich durch die meisten der anderen Bereiche und Trends: ist KI barrierefrei? Kann sie vielleicht vielmehr bei der Verbesserung von Barrierefreiheit helfen? Wie müssen Ausschreibungen gestaltet sein, damit sie als barrierefrei gelten? Wie gestaltet man eine barrierearme City App? Worauf muss geachtet werden, und kommen die Features direkt barrierefrei vom Anbieter oder muss die Kommune selbst darauf achten?
Auf der Smart Country Convention gab es viele Impulse in unterschiedlichste Richtungen, um Kommunen und Länder digitaler werden zu lassen. Gleichzeitig wurden neue Fragen aufgeworfen und bereits bestehende diskutiert. Wir sind gespannt, was sich im Bereich Smart Country verändern wird und welche Entwicklungen uns nächstes Jahr auf der Smart Country Convention erwarten.